Ende der PKV bedeutet Risiken für Ärzte und die Gesundheitsversorgung in Deutschland
Die private Krankenversicherung und damit das duale Gesundheitssystem in Deutschland rücken in den Fokus der Bundestagswahl 2017.
Nach dem sich Grüne und Linke bereits deutlich für die Bürgerversicherung ausgesprochen haben, werden die Pläne der SPD zusehends deutlicher und nähern sich den Positionen der Oppositionsparteien an.
Nun prescht auch die Bertelsmann-Stiftung vor und versetzt der PKV und den Ärzten mit der Forderung nach der Abschaffung der Beihilfe für Beamte einen weiteren Seitenhieb.
Bedeutet das nun das endgültige Ende für die Private Krankenversicherung?
Der Präsident der Bundesärztekammer Professor Frank Ulrich Montgomery sieht bei einem Aus der PKV sowohl Risiken für niedergelassene Ärzte vor allem in Ländlichen Regionen als auch für die Gesundheitsversorgung in Deutschland insgesamt.
BÄK-Präsident Montgomery sieht Gefahr für den medizinischen Fortschritt in Deutschland
In einem Interview mit der Ärztezeitung äußert sich der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Frank Ulrich Montgomery zu den Forderungen nach Abschaffung der privaten Krankenversicherung und malt für diesen Fall ein düsteres Szenario für den medizinischen Fortschritt in Deutschland.
Aus für die Private Krankenversicherung hemmt den Innovationen in der Medizin
Der Wegfall der PKV und damit das Ende des dualen Gesundheitssystems in Deutschland führten finanziellen Engpässen bei niedergelassenen Ärzten vor allem im ländlichen Raum, wo die Versorgung bereits jetzt nicht flächendeckend und zur vollen Zufriedenheit gewährleistet werden kann.
Auch würde der fehlende Konkurrenzdruck auf die gesetzlichen Krankenkassen, sollte das Aus für die private Krankenversicherung beschlossen sein, dazu führen, dass der Innovationsdruck und damit der medizinische Fortschritt in Deutschland zum Stehen kommen.
Auf Kosten von Therapie und Diagnostik?
Bislang nötigt die PKV den gesetzlichen Krankenkassen trotz ihrer Sparbemühungen einen Mindestversorgungsstandard ab und fördert damit Innovationen bei Therapie und Diagnostik. Ohne den Druck der privaten Krankenversicherungen wird das Erlahmen des medizinischen Fortschritts in Deutschland befürchtet.
„Turbolader für die Zwei-Klassen-Medizin“
Die Bertelsmann-Stiftung errechnet in ihrer Studie eine Einsparung von über 60 Milliarden Euro bis 2030 für Bund und Länder, wenn die Zugangsvoraussetzungen für Beamte denen für Angestellte angeglichen werden und die Beamten-Beihilfe in der jetzigen Form abgeschafft würde. Viele der aktuell privat versicherten Beamten müssten in die gesetzlichen Kassen wechseln.
Darin sieht Montgomery nicht nur Risiken für Ärzte, die auf stabile Einnahmen von ihren PKV-Patienten angewiesen seien, um ihre Praxis wirtschaftlich führen zu können. Brechen diese Einnahmen weg, ergäben sich weitere Engpässe in der flächendeckenden Versorgung von Patienten.
Versorgungsengpass und Kluft zwischen Arm und Reich
Private Zusatzleistungen wären nur für Besserverdiener erschwinglich. „Was uns also als gerechtere Alternative zum dualen Krankenversicherungssystem angeboten wird, ist in Wirklichkeit der Turbo-Lader für die Zwei-Klassen-Medizin.“, so der BÄK-Präsident Montgomery
Daran könne auch eine durchschnittliche Erhöhung der Vergütung über den EBM nichts ändern (EBM ist der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) für das Vergütungssystem der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland).
Kritik an der IGES Studie der Bertelsmann-Stiftung
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Vorgehensweise in der IGES Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. hier wurden in der Berechnung die Altersrückstellungen in der PKV nicht berücksichtigt. Damit gründete die Studie auf spekulativen Annahmen und würde keinem weiterhelfen, so der BÄK-Präsident.
Die Altersrückstellungen für das Jahr 2017 betragen bei etwa 3,6 Millionen Wechslern innerhalb der PKV rund 72 Milliarden Euro. Hier spricht sich Montgomery für eine Verbesserung der Übertragbarkeit von Altersrückstellungen innerhalb der privaten Krankenversicherer aus und sieht damit auch die Private Krankenversicherung in der Pflicht.
Montgomery für Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland
In einer einheitlichen Krankenversicherung wie der Bürgerversicherung sieht Montgomery keine Lösung für die Zukunft. Vielmehr spricht er sich für den Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems aus, das sich seiner Meinung nach bisher bewährt hat. Sowohl im Sinne von Patienten und Ärzten als auch im Sinne des medizinischen Fortschritts in Deutschland.